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Gebt Acht, ihr tapferen Mannen Scoriens! Höret
die Geschichte von Thyrgil, größter der alten Helden
von einst. Mächtig und tapfer in der Schlacht und ungeschlagen
gegen die Horden aus Taurien und Tempturien kämpfte er, bis
sein Schicksal ihn ereilte und er einging in die Halle der Ewigen
Helden. Doch höret was sich zugetragen und urteilt selbst über
den König unter den Helden, Thyrgil den Mächtigen.
Vor 200 Jahren, so sagt man, lebte in den tiefen
Wäldern unseres geliebten Scoriens ein Schmied namens Arnald,
groß von Gestalt und mächtigen Armes. Weit und Breit
war er bekannt, denn seine Waffen spalteten taurische Helme und
tempturische Schilde wie ein Blitz den Baum bei Unwetter. Als Arnald
älter wurde gebar seine Frau Freda ihm ein Kind, ein starken
und hübschen Sohn, den er Thyrgil nannte. Die Jahre zogen dahin,
wie sie es immer tun, und aus dem kleinen Jungen wurde ein stolzer
und stattlicher Mann, der alle Anderen in seinem Dorf übertraf,
sei es bei den Wettkämpfen, in den Waffenübungen, beim
Schmieden oder in den Aufgaben des Geistes.
Nun begab es sich, das dieser tapfere Mann die
hübsche Nernia, Tochter des Clanhäuptlings Borgia an seinem
achtzehnten Geburtstag zur Frau nehmen wollte, denn sie kannten
sich seit ihrer Kindheit und die Liebe war stark in ihnen beiden.
Niemand konnte sich ein schöneres Paar vorstellen als Thyrgil,
Sohn des Arnald und Nernia, Tochter des Borgia. Und so traf das
ganze Dorf Vorbereitungen auf die große Feier, die am Mittsommernachtsabend
stattfinden sollte, doch, oh weh, das Schicksal meinte es anders.
Denn als Thyrgil gerade vom rituellen Bad im nahen Teich ins Dorf
heimkehren wollte, vernahm er das Klirren von Stahl und das Geschrei
der Weiber. Eilenden Schrittes rannte er zum Dorf, und höret,
er sah die feigen Hunde aus Taurien, die gekommen waren, den friedlichen
Scoriern den Tod zu bringen.
Nur mit einem Kilt, wie er bekleidet war, griff
Thyrgil nach dem Ast des nächsten Baumes und brach ihn ab,
denn die Wut kochte in ihm und verlieh ihm die Kraft vieler Männer.
Nur derart bewaffnet warf er sich in das Getümmel. Viele Heldentaten
wurden vollbracht an jenem Tag: der alte Arnald erschlug Vier, bevor
er niedergestreckt wurde und Borgia derer Sechs, bis ein Pfeil ihn
ins Reich der Ahnen schickte, doch Thyrgil der Mächtige erschlug
Zwölf und treib die feigen Hunde in die Flucht.
Doch, oh weh, trotz Thyrgils mächtiger Taten
war es ihm nicht möglich, seine geliebte Nernia zu retten.
Als dieser das Haus ihres Vaters erreichte, sah er Nernias Mutter
erschlagen am Boden liegen, doch Nernia selbst konnte er nirgendwo
finden. Kalter Hass ergriff sein Herz und er rannte zurück
ins Dorf, wo er seines Vaters Schwert aus dessen kalten Händen
entriss und sich an die Verfolgung der Taurier machte. Schnell rannte
er durch die tiefen Wälder, flink wie ein Reh, schnell wie
ein Pferd und ausdauernd wie ein Eber. Bald hörte er vor sich
das Wiehern von Pferden und hoch auf einem Felsgrat erblickte er
die, die er jagte.
Und, gebt Acht, dort unter diesen verderbten Sklavenhändlern
erblickte er die liebliche und stolze Nernia, selbst gefesselt und
geschunden eine wahre Dame Scoriens. Erneut überkam ihn die
Wut ob des Leides und des Unheils, welches die taurischen Teufel
über sein Dorf gebracht hatten. Thyrgil beschleunigte seinen
Schritt und mit einem lauten Kriegsschrei fuhr er zwischen sie,
wie ein Wolf in eine Herde Schafe. In weiten Bögen schwang
er seines Vaters Schwert und spaltete Haut und Knochen. Vor Angst
erstarrt fielen die Taurier unter seinen mächtigen Schlägen
und Nernias Herz frohlockte, als sie ihren Verlobten zu ihrer Rettung
eilen sah.
Doch das Schicksal meinte es anders mit Thyrgil,
dem größten Krieger Scoriens und so wurde er, als sich
nur noch drei Kämpfer zwischen ihm und seiner Geliebten befanden,
von einem stürzenden Pferd, dessen Reiter er gerade erschlagen
hatte, über den Rand des Grates gedrängt. Tief fiel er
und schwer, doch wie das Schicksal ihn nicht mit seiner Nernia vereinen
wollte, rettete es ihm hier das Leben, hatte es doch ein anderes
Ende für ihn geplant. So stürzt Thyrgil in einen reißenden
Strom am Fuß des Grates und wurde von dannen gerieben. Niemand
weiß, wie er es überlebte, doch manche sagen das Ellyris
gar selbst ihm das Leben schenkte.
Am Ufer des Nurnsees erwachte er, verletzt und
ausgezehrt, doch das heiße Feuer seiner Wut immer noch kochend
in seinem Inneren. Die ortsansässigen Fischer fanden ihn, nahmen
ihn auf und pflegten ihn gesund, bis er nach wenigen Tagen stärker
war als je zuvor. Schnellen Schrittes zog er zurück in sein
Dorf, wo die Toten bereits bestattet waren. So trat er vor die Überlebenden
und schwor nicht eher zu ruhen, bis er Nernia befreit hatte und
er die Taurier für das Leid seines Dorfes tausendfach bezahlt
hatten. So sprach Thyrgil der Mächtige und zog sich in seines
Vaters Schmiede zurück, hatte er doch dessen Schwert in den
Fluten des Flusses verloren.
Lang und hart arbeitete Thyrgil, Arnalds Sohn,
an den Feuern der Schmiede und ein mächtiges Schwert schmiedete
er und nannte es Stoirmclive, die Sturmklinge in der alten Sprache,
denn wie ein Sturm sollte es durch die Reihen der Taurier fegen.
Und eine prächtige Rüstung aus feinster Kette schmiedete
er und einen Helm und ein Schild und kein Tempestarius auf ganz
Magonien besaß je bessere. Derart gerüstet trat er nach
langer Arbeit aus der Schmiede, und sehet da, vor seinen Augen befand
sich ein großes Heerlager. Denn die Geschichte von Thyrgil
und Nernia hatte sich wie ein Lauffeuer durch ganz Scorien verbreitet
und viele hatten von Thyrgils Eid erfahren.
So kamen viele starke Krieger aus allen Clans,
um Thyrgil die Treue zu schwören und an der Seite des mutigen
Helden Ruhm zu erlangen. Groß war die Verwunderung Thyrgils,
doch nahm er die Hilfe dankend an und so machte sich die Armee gen
Taurien auf. Viele Schlachten schlug Thyrgil, Arnalds Sohn, und
jede Armee, die die verängstigten Taurier gegen ihn entsandten,
besiegte er mit Mut, List und Kraft. Oftmals ergaben sich die feindlichen
Truppen bevor die Schlacht überhaupt begann, denn nach alter
Sitte forderte Thyrgil einen jeden Anführer des Feindes zum
Zweikampf. Er erschlug Graf Bevin und Baron LaVelle und auch Meldrin
den Roten, Neffe des taurischen Tempestarius und viele andere. Und
niemals erlitt er eine Wunde, nicht einmal einen Kratzer, denn sein
Schild war dick, seine Rüstung dicht und sein Schwert schnell.
Stoirmclive führte er und es zerschmetterte Schwert und Schild,
Hauberk und Helm, denn niemand auf der Welt war geschickter mit
dem Schwert als Thyrgil der Schwertmeister, mächtigster der
Krieger von einst.
Dorf um Dorf, Stadt um Stadt eroberte er im weit
entfernten Taurien, doch anders als die taurischen Schlächter
war er gerecht und gütig. Keine Frau und kein Kind wurde getötet
und jedem, der ihm nicht feindselig gesonnen war, gewährte
er Pardon. Immer mehr Clankrieger kamen, um sich dem ruhmreichen
Heer Thyrgils anzuschließen und der taurische Tempestarius
schlotterte vor Angst auf seinem Thron, wurde doch jedes Heer, das
er aussandte, vernichtet oder gefangen genommen.
Nun begab es sich, das Thyrgil nach Klymern kam
und wie es sein Brauch war, ritt er allein zu den Toren der Stadt,
um den dortigen Statthalter zur Aufgabe oder zum Duell zu fordern.
Viele Menschen säumten die Wehrmauer der Stadt und sahen den
unbesiegbaren Krieger, der nach Taurien gekommen war um seine Geliebte
zu suchen. Und als er nun von seinem weißen Streitross aus
nach oben blickte, sah Thyrgil das vertraute Gesicht, welches ihn
in seinen Träumen und in jeder freien Minute plagte. Denn dort
weit über ihm stand Nernia, noch so schön wie er sie in
Erinnerung hatte, doch Glück und schnelle Einsicht ließen
ihn davon abhalten, laut nach ihr zu rufen. Stattdessen bot er dem
Statthalter an, seine Stadt zu verschonen, wenn er nur alle Sklaven
und Leibeigenen in Freiheit ziehen lassen würde. Doch der Statthalter
Bornia war ein stolzer und hochmütiger Mann und so verlachte
er den großen Krieger, welcher dort unten vor seinen Toren
stand. Im Gegenzug lies er Thyrgil verkünden, würde er
zu jeder vollen Stunde ein dutzend Sklaven hinrichten lassen, sollte
dieser nicht mit seinem Heer abziehen. Beinahe hätte Thyrgil
einen Großangriff befohlen um seine Liebste zu retten, doch
eine kühle Einsicht bemächtigte sich seiner Gedanken und
mit der Schläue des Fuchses erdachte er eine List.
Als die Sonne am nächsten Tag aufging, blickten
die verwunderten Bürger Klymerns auf ein leeres Feld vor ihren
Toren. Groß war ihre Freude, denn von der gefürchteten
scorischen Armee waren nur einige wenige, leere Zelte und Unrathaufen
übrig geblieben. Jubel erhob sich in der Stadt und der Statthalter
wurde ob seines Mutes gefeiert. Bald darauf schickte dieser einen
Trupp Reiter aus, um zu erkunden, wohin das feindliche Heer gezogen
war. So ritten die Späher hinaus auf die umliegenden
Wälder zu und in der Stadt wurde gefeiert. Da erhob sich aus
der Erde gar selbst, wie es schien, Thyrgil und seine besten Krieger
und stürmten das Tor Klymerns und aus den umliegenden Wäldern
ertönten die Klänge hunderter scorischer Kriegshörner,
die zum Angriff bliesen.
So geschah es, denn Thyrgil der Listige hatte
in der Nacht eilig Gruben in der Nähe des Tores ausheben lassen
und diese mit Zeltplanen und Unrat getarnt, um sich dort mit seinen
Kriegern zu verbergen. Hart und blutig war der Kampf um das Tor
Klymerns, doch gegen Thyrgil und seine Mannen konnte kein Taurier
bestehen. Alsbald traf das scorische Heer ein und stürmte die
Stadt. Die taurischen Soldaten wurden durch die Straßen getrieben,
wie Wild bei einer Jagd und schließlich erreichte Thyrgil
den Palast des Statthalters Bornia, wo dieser bereits auf ihn wartete.
Ein Zweikampf entbrannte zwischen den beiden, doch wurde bald klar,
das Bornia kein Gegner für Thyrgil den Großen war. Nachdem
ein mächtiger Schlag sein Schwert zertrümmert und ihn
in die Knie gezwungen hatte, winselte der Statthalter um Gnade und
bot Thyrgil Gold und Sklaven im Tausch gegen sein Leben. Thyrgil
jedoch trennte mit einem Schlag den Kopf des Statthalters von dessen
Schultern als Mahnmal für alle, die sich an den Leben ihrer
Untergebenen vergreifen, um ihr eigenes zu retten.
Darauf wurde Klymern geplündert, doch wie
bereits in den Dörfern und Städten zuvor wurden Frauen
und Kinder verschont und nicht ein Haus fiel den Flammen zum Opfer.
Unterdessen stürmte Thyrgil durch die Straßen auf der
Suche nach seiner Nernia. Stunde um Stunde eilte er von Haus zu
Haus um sie zu suchen und schließlich fand er sie im Haus
eines Edelmannes. Doch, oh weh, reglos lag sie auf dem Boden, die
leeren Augen zur Decke gerichtet, hatte der Edelmann sie doch gewaltsam
daran gehindert das Haus auf der Suche nach ihrem Liebsten zu verlassen,
indem er ihr mit einem Holzscheit auf den Hinterkopf schlug. Da
verließ Thyrgil all seine mächtige Kraft und betäubt
sank er neben Nernia auf die Knie und begann zu weinen. Nach und
nach kamen die Hauptmänner der Armee und seine Freunde um mit
Thyrgil zu reden, doch keiner konnte zu ihm durchdringen. Still
saß der einst große Krieger in dem dunklen Zimmer und
wiegte die reglose Nernia in seinen Armen.
Nun begab es sich, das in der Stadt ein Heiler
namens Oran lebte, ein geschätzter Bürger und gutmütiger
Mann. Als er vom Leid Thyrgils erfuhr und dessen Ursache, war sein
Herz gerührt, denn obwohl schon er ein Taurier war, erkannte
er in dem scorischen Feldherren einen großen und edlen Mann
mit einer tiefen Liebe. So machte er sich auf um zu helfen, wo bisher
ein jeder versagt hatte und so wurde er in den düsteren Raum
geleitet, wo Thyrgil mit seiner Liebsten auf dem Boden kauerte.
Er besah sich die beiden und in dieser Stunde wurde ihm gewahr,
dass Nernia nicht im Reich der Toten weilte, sondern zwischen Leben
und Tod gefangen war. Der gute Heiler ließ sich vor Thyrgil
nieder und löste behutsam den reglosen Körper aus dessen
Armen. Als Thyrgil aufblickte und sich zum ersten Mal dieses Mannes
bewusst wurde, obschon dieser bereits mehrere Stunden in dem Raum
verbracht hatte erkannte er vor ihm einen Mann großen Wissens
und tiefer Weisheit. Still saß er da und beobachtete, wie
Oran sein Werk tat.
Es heißt das drei Tage vergingen, ohne das
jemand das Haus verließ, doch am Abend des dritten Tages ertönte
plötzlich ein freudiges Lachen und alle, die in der Nähe
warteten liefen herbei um zu sehen, was der Grund war. Und vor sich
fanden sie ein vor Freude weinenden Oran der zusah, wie sich die
beiden Liebenden glücklich lachend nach so langer Zeit der
Trennung wieder in den Armen hielten. Daraufhin wurde ein großes
Fest gefeiert, wo Thyrgil und Nernia geehelicht wurden und es heißt
es gab nie ein glücklicheres Paar auf Erden.
Doch im Norden brauten sich bereits unheilvolle
Wolken zusammen, hatte der Tempestarius von Taurien vom Falle Klymerns
erfahren und vor Angst zitternd ersann er in seiner Verzweiflung
einen hinterhältigen Plan. Während in Klymern Thyrgil
und Nernia eine erfüllte Zeit verlebten näherte sich großes
Unheil und das unvermeidliche Schicksal. Nach den Feierlichkeiten
drängten die Hauptleute Thyrgil dazu, der taurischen Bedrohung
endgültig ein Ende zu setzen und Rhytanen selbst zu erobern
und obwohl er lieber mit Nernia zurück in seine Heimat gegangen
wäre sah er doch die Möglichkeit, den Bürgerkrieg
endlich zu beenden und seinem Volk noch größeres Leid
zu ersparen. So zog er schweren Herzens gen Norden, wo er von Reinald
dem Güldenen, Tempestarius von Taurien, bereits erwartet wurde.
Nernia folgte ihrem Mann und gemeinsam genossen sie die Zeit, die
ihnen gegeben war.
So trafen Thyrgil und Reinald schließlich
auf der Ebene von Môrn zusammen, das Heer Scoriens und die
Armee Tauriens, um diesen Krieg zu entscheiden. Ein gewaltiger Anblick
war es, die stolzen und hochmütigen Ritter Tauriens und die
starken und tapferen Krieger Scoriens, welche sich gegenüberstanden,
von Horizont zu Horizont. Wie es Sitte war forderte Thyrgil Reinald
zum Zweikampf, doch sein nobles Unterfangen wurde mit höhnischem
Gelächter beantwortet, hielten sich die Taurier ob ihrer Pferde
und dem von ihnen gewählten Schlachtfeld für überlegen.
Dreimal forderte der Held den König auf, seinen Mut zu beweisen
und dreimal wurde er verlacht. So endete der erste Tag der Schlacht
von Môrn.
Der zweite Tag zog herauf und wieder forderte
Thyrgil den König auf, sich dem Zweikampf zu stellen, doch
anstatt hervorzutreten schickte Reinald seine Landsknechte, den
mächtigen Helden zu töten. Nun ist, wie jeder weiß,
ein Taurier einem Scorier im Kampfe nicht gewachsen und nur durch
ihre Pferde sind sie ein ebenbürtiger Gegner. Überdies
waren die Bauernhorden Tauriens schlecht gerüstet und noch
feiger als ihre Herren. Laut waren die Kriegsschreie und das Klirren
der Waffen als die Scorier über ihre Feinde hinwegfegten und
in ihrer Mitte stand Thyrgil mit Stoirmclive in der Hand und Wut
in seinen Augen. Angst und Schrecken verbreitete er, als er wie
ein Sturm zwischen seine Gegner fuhr.
Den ganzen Tag dauerte das Gemetzel, waren es
doch viele Taurier die erschlagen werden mussten, denn sie konnten
sich nicht, wie es in ihrer Natur liegt, zur Flucht wenden, da ein
jeder, der dies tat, von seinem eigenen Herren erschlagen wurde.
Als die Sonne blutrot am Horizont versank und ihre letzten Strahlen
über das leichenübersähte Feld sandte, stand Thyrgil
grimmig und unverletzt auf dem Feld des Sieges. Ein weiteres Mal
forderte er Reinald zum Zweikampf, doch erneut lehnte dieser ab,
obwohl ein Großteil seiner Soldaten erschlagen vor ihm lag.
So endete der zweite Tag der Schlacht von Môrn.
Der dritte Tag begann mit dem Geschrei vieler
Männer. Unbemerkt von allen hatte ein Trupp tapferer Scorier
versucht, am vorherigen Tag während der Schlacht den Feldherrnhügel
des taurischen Tempestarius zu erstürmen und wurde bei diesem
mutigen Unterfangen gefangen genommen. Nun wurden sie vor den Augen
ihrer Armee zu Tode gefoltert. Wut entflammte Thyrgils Herz und
er stürmte über das Feld, Stoirmclive in der Hand, welches
in der Morgensonne blitzte wie ein lebendiger Donnerkeil. Und hinter
ihm folgte das scorische Heer, auf Rache sinnend. Da lachten die
taurischen Ritter, bestiegen ihre Pferde und ritten den Hügel
hinab. Viele tapfere Clanbrüder ließen ihr Leben bei
diesem ersten Zusammenprall und nur um Thyrgil brach die Welle aus
Stahl und Leibern, die sich den Scoriern entgegenwälzte. Doch
so groß war die Wut und die Entschlossenheit der Scorier,
das sie standhaft blieben und ein blutiges Handgemenge entbrannte.
Und es ist überliefert, dass das Heerbanner
Thyrgils und das Heerbanner Reinalds sich trafen und das Banner
Tauriens wankte. Doch, oh weh, als der Kampf gerade diesen Wendepunkt
erreichte erklangen Hörner und Thyrgil wurde der ersten List
Reinalds gewahr. Denn aus dem Osten näherten sich Truppen unter
dem Banner Tempturiens und Thyrgil erkannte, das der taurische Tempestarius
ihn nur hingehalten hatte. So wurden die Scorier eingekesselt, doch
tapfer kämpften sie weiter, ohne Hoffnung auf Sieg oder Leben,
doch nicht bereit auch nur einen Meter zurückzuweichen.
Thyrgil indess kämpfte verbissen gegen die
Leibgarde des Königs und erschlug jeden, der sich ihm entgegenstellte
und Stoirmclive glänzte Rot vom Blute erschlagener Feinde.
Schließlich trat jedoch ein Krieger aus den sich lichtenden
Reihen hervor, mit schwarzer Klinge und dunkler Rüstung und
forderte Thyrgil. Dies war Perdrain, Champion des Tempestarius und
bester Krieger Tauriens. Ein gewaltiger Kampf entbrannte und bald
bildete sich ein Kreis um die beiden Krieger, hatte doch niemand
solch eine Schwertkunst zuvor gesehen. Nach und nach kam die Schlacht
zum Erliegen als alle Augen sich auf die beiden mächtigen Kämpfer
richteten. Derweil erblickte auch Nernia was was sich zutrug
und man sagt das sie ein beklemmendes Gefühl überkam,
sodass sie vom Heerlager aufs Schlachtfeld eilte, um ihren Liebsten
zu warnen.
Harte Schläge teilten die beiden Krieger
aus, doch obwohl Thyrgil bereits den ganzen Tag gekämpft hatte,
konnte Perdrain dessen Verteidigung nicht überwinden und beide
waren sich ebenbürtig. Schlag um Schlag tauschten sie aus bis
zu jenem schicksalsträchtigen Moment, als Thyrgil versuchte,
einem weiteren Schwung seines Gegners auszuweichen. Auf einen abgebrochenen
Speer trat er, der ihn aus dem Gleichgewicht brachte und das erste
Mal seit langer Zeit spürte er die Klinge seines Gegners. Perdrains
schwarzes Schwert durchdrang die Kettenrüstung an der Schulter,
wo sie jedoch nicht mehr als ein Kratzer hinterließ.
Unbekümmert fing Thyrgil sich wieder, doch
als er zum Gegenschlag ausholen wollte, raste ein feuriger Schmerz
durch seinen Arm. Siegessicher ging Perdrain nun gegen Thyrgil vor
und Schlag um Schlag traf dessen hastig gehobenen Schild. Schweiß
stieg in Thyrgils Augen und um ihn herum wurde es dunkel, während
sein Körper durch ein Meer der Schmerzen glitt. Ein heftiger
Schlag spaltete schließlich seinen Schild und ein Stöhnen
ging durch die scorischen Reihen, als Thyrgil auf die Knie sank,
unfähig sich noch auf den Beinen zu halten. Ein großer
Jubel erhob sich unter den Kriegern Tauriens und Tempturiens als
sie den einst mächtigen und gefürchteten Helden auf den
Knien sahen und Perdrain verspottete seinen ehrenhaften Feind, der
sich nur noch auf Stoirmclive gestüzt aufrecht halten konnte.
Dunkelheit umfing Thyrgil und er hörte bereits
die Stimmen seiner Väter, die ihn in die Ewige Halle der Helden
riefen, als er in der Dunkelheit eines letzten, weißen Lichtblickes
gewahr wurde. Dort, am Rande des Kreises, stand Nernia in ihrem
weißen Kleid. Tränen liefen ihr über die Wangen
als sie immer und immer wieder seinen Namen rief. Und vor ihr, wie
das Schicksal es wollte, stand ein drohender Schatten, dunkel und
kalt.
Ein letztes Mal durchfuhr Thyrgil die Kraft und
laut rief er den Namen seine Liebsten, während er sich durch
Schmerz und Dunkelheit aufrichtete und sein Schwert mit beiden Händen
packte. Nieder fuhr Stoirmclive auf den siegessicheren und verwirrten
Perdrain und nie ward ein mächtigerer Schlag geführt worden.
Durch hastig gehobene Klinge und Helm fuhr die Sturmklinge und spaltete
Perdrain von Kopf bis Fuß, wie ein Blitz einen Baum spaltet.
Der Jubel der Feinde verstummte und eine überraschte Ruhe legte
sich über das Schlachtfeld. Nur das Weinen einer Frau war zu
hören, als Nernia ihren geliebten Mann in den Armen hielt und
ihn betrauerte.
Schließlich trat Albor, der Befehlshaber
der tempturischen Truppen, vor und wollte Perdrain die letzte Ehre
erweisen. Doch als er näher trat wurde ihm gewahr, das dessen
Klinge übermäßig feucht glänzte, hatte sie
doch nur ein einziges Mal an diesem Tag Blut gekostet. Und so wurde
des Tempestarius zweite hinterlistige Tat aufgedeckt, hatte er seinen
Champion doch ein seltenes Gift gegeben, um den ehrenhaften Thyrgil
zu töten und nur deswegen konnte Perdrain diesen besiegen.
Nun kamen die Krieger aus Thyrgils Clan, bahrten
ihn auf und höret auf, die Truppen Tempturiens öffneten
ihnen eine Gasse und hoben die Waffen zum Salut für den einst
großen Krieger. Der Tempestarius Reinald schäumte vor
Wut und befahl die Scorier bis auf den letzten Mann zu töten,
doch keiner seiner Mannen rührte sich, denn sie hatten ob seiner
schändlichen Tat alle Achtung vor ihm verloren. So zog der
Rest des scorischen Heeres unbehelligt von dannen und an seiner
Spitze wurde der Leichnam Thyrgils getragen, von dessen Seite Nernia
den ganzen Weg über nicht wich. Viele sagen, dass Thyrgil durch
seinen letzten Zweikampf seine Männer gerettet habe und sie
haben Recht. Als der Tross die heimischen Wälder erreichte
zog Nernia mit vier engen Vertrauten und Thyrgils Leichnam von dannen
und kein sterbliches Auge sah sie je wieder, noch ist bis zum heutigen
Tage bekannt, wo der König der Helden seine letzte Ruhestätte
fand.
So endet die Saga von Thyrgil dem Mächtigen,
größter der Helden von einst. Doch es heißt, sollten
die Feinde Scoriens wieder die heiligen Wälder unserer Heimat
betreten um hinterhältig Frauen und Kinder zu entführen,
so wird Thyrgil zurückkehren um sie zu bestrafen. Und ich weiß
das es so sein wird!
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